S-GE-Chef Küng: «Schmieren ist keine Option»

Indonesien liegt im Trend: Bundesrat Schneider-Ammann ist zu Besuch und Switzerland Global Enterprise baut einen Hub auf. S-GE-Chef Daniel Küng über Chancen und Risiken im 280-Millionen-Staat.

Von Stefan Barmettler am 12.07.2017

 
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Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann reist nach Indonesien, Sie 
wollen einen Hub in Jakarta aufbauen. Ein Modetrend?

Nein, vielmehr die Nutzbarmachung eines neuen, vielversprechenden Marktes für unsere KMU. Ausserdem geht es um die Reduktion des Klumpenrisikos Europa, wohin immer noch 54 Prozent unserer Exporte hingehen. Wir sind da allerdings auf gutem Weg, vor zehn Jahren betrug die Abhängigkeit 65 Prozent.

Und warum genau Indonesien?

Es ist eine Positionierung für die Zukunft. Die Middle Class wird in Asien in den nächsten 15 Jahren von 2,5 auf 5 Mil­liarden ansteigen, vor allem dank China, Indonesien, den Philippinen. Eine andere Zahl: Heute finden zwei Drittel des Konsums in Europa und in Amerika statt, in 15 Jahren werden zwei Drittel in Asien stattfinden.

Das weiss jeder Schweizer Unternehmer, dafür braucht es keinen Business Hub von Switzerland Global Enterprise.

Das stimmt. Den braucht es vielmehr, um die bestehenden Hürden dieses noch jungen Marktes zu überwinden. Wir wollen ja KMU tatkräftig unterstützen, dass sie in diesen Märkten Fuss fassen. Jedes Land im Asean-Raum hat seine Besonderheiten.

Indonesien gilt als korrupt und als Pulverfass. Was sind die grössten Hindernisse?

So schlimm ist es nicht. Und doch – zu überwinden gilt es exzessive Regulierung, kulturelle Unterschiede, ungleiche Behandlung von Ausländern und Inländern und natürlich auch Korruption.

Sie zeigen, wie man richtig schmiert?

Nein, Schmieren ist für uns keine Option. Wir helfen Firmen beim Markteintritt und zeigen, wie der Markt funktioniert. Und wir ermutigen sie zum sauberen Geschäften und erklären, wie man ohne Schmieren erfolgreich sein kann. Es dauert vielleicht ein paar Monate länger, bis man eine Bewilligung hat oder die Ware aus dem Zoll 
bekommt, dafür ist man auf der sicheren Seite und geschäftet nachhaltig.

Funktioniert es in der Praxis?

Ich kenne etliche Firmen, die sich nie auf dieses Spiel eingelassen haben – und 
davon profitieren. Aber es sind auch die ständig ändernden Regulierungen, die Schwierigkeiten bereiten können.

Eine weitere Klage: Die Schweizer Ware bleibt wochenlang am Zoll liegen. Weil ­Indonesien protektionistisch ist?

Das höre ich auch viel. Ich vermute eher, dass es mit dem sauberen Geschäften zu tun hat. Aber man sollte eines nicht aus den Augen verlieren: Länder wie Indo­nesien oder Vietnam bewegen sich in 
die richtige Richtung. Und: Indonesien weist ein Wirtschaftswachstum von jährlich 4 bis 6 Prozent aus. Klar gibt es Unsicherheiten, aber Indonesien ist hinter China und Indien der drittgrösste Markt in Asien. Zudem ist es das wichtigste Land in der Asean-Gruppe (Verbund Südostasiatischer Staaten), allein in diesen zehn Staaten reden wir von 600 Mil­lionen Leuten. Dann hat die Asean ihren Sitz in Jakarta, das erhöht nochmals die Bedeutung von Indonesien. Da gilt es für Schweizer Unternehmen, sich jetzt zu 
positionieren.

Indonesien hat immer noch ein tiefes ­Pro-Kopf-Einkommen von 3500 Franken im Jahr.

Das heisst aber auch, man kann heute noch relativ günstig Fuss fassen. Ich ging 1979 nach Brasilien und baute dort meine Firma auf. Damals war ich auch relativ früh in diesem Riesenmarkt. Wer sich möglichst frühzeitig positionieren will und bereit ist, dafür etwas zu wagen, für den ist Indonesien jetzt interessant. Wer eher vorsichtig ist, der soll besser noch zwei, drei Jahre warten. Wir 
legen heute den Teppich und öffnen Türen, das gehört auch zu unserer Aufgabe.

Nestlé ist vor Ort. Wem Türen öffnen?

Kleineren Firmen, die keine Exportab­teilung haben, die in Bereichen unterwegs sind, in denen in Indonesien zurzeit viel investiert wird – etwa Infrastruktur, Energieversorgung, Cleantech, Verkehr, ICT, Gesundheitswesen oder Me­dizintechnik. Implantathersteller Straumann zum Beispiel ist sehr erfolgreich in In­donesien.

Wann ist das Freihandelsabkommen mit Indonesien endlich unter Dach und Fach?

Das müssen Sie das Seco fragen. Im Herbst findet die nächste Verhandlungsrunde statt. Bis Ende Jahr ist ein Abschluss geplant, wobei ich nicht weiss, wie realistisch diese Planung ist. Es ist übrigens kein Freihandelsabkommen zwischen der Schweiz und Indonesien, sondern zwischen Indonesien und den Efta-Staaten, zu denen auch die Schweiz gehört.

Es geht immer wieder um den hiesigen 
Agrarprotektionismus. Hier auch?

Nein, so wie ich gehört habe, harzt es eher politisch. 2014 waren Wahlen im Land, deshalb lief während fast zwei Jahren nichts. Kürzlich haben die Indonesier gesagt, das Freihandelsabkommen mit dem Westen stehe wieder oben auf der Prioritätenliste. Meine Einschätzung ist: Vielleicht 2018 könnte ein Abkommen stehen.

*Daniel Küng ist CEO der schweizerischen Organisation für Aussenwirtschaftsförderung Switzerland Global Enterprise (S-GE).

Swiss Business Hub Indonesia In Jakarta hat in dieser Woche die 22. Aussenstelle von Switzerland Global Enterprise, der Swiss Busienss Hub (SBH) Indonesia, eröffnet. Das Team ist bei der Schweizer Botschaft angesiedelt und unterstützt Schweizer Unternehmen bei der Markterschliessung in Indonesien. Die SBH informieren auch ausländische Unternehmen über die Vorteile einer Ansiedlung am Wirtschaftsstandort Schweiz. www.s-ge.com

Quelle: https://www.handelszeitung.ch/unternehmen/s-ge-chef-kueng-schmieren-ist-keine-option-1442557

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